In seiner Rede zu TOP 9+35+44+61 (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes Schleswig-Holstein mit weiteren Anträgen und einem Bericht) erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer und energiepolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Oliver Kumbartzky:
„Was uns alle – mit Ausnahme der AfD – eint, ist der Wille, den Klimawandel aufhalten zu wollen. Wir wollen die Lebensbedingungen für künftige Generationen so gut halten wie für die heutigen Generationen.
Das führt mich zum vorliegenden Energiewende- und Klimaschutzgesetz (EWKG). Das bestehende EWKG der SPD-geführten Küstenkoalition aus dem Jahr 2017 hatte leider außer Symbolik nicht viel zu bieten und half dem Klimaschutz nicht wirklich weiter. Bestes Beispiel ist Paragraf 4, der von der Vorbildfunktion der Landesverwaltung spricht und eine Senkung des CO2-Ausstoßes von 40 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990 fordert. Nur leider hat die Küstenkoalition bei der Schaffung dieses Ziels nicht im Blick gehabt, dass es zum Referenzjahr 1990 gar keine Zahlen gibt! Für den Bereich der Landesverwaltung wurden erstmalig Daten für die Jahre 2015 bis 2017 erhoben. Diesen handwerklichen Murks werden wir mit der Novelle beenden und wirkliche, messbare Ziele für die Landesverwaltung im Gesetz verankern. Für uns Freie Demokraten ist von zentraler Bedeutung, dass auch das Land Schleswig-Holstein seinen Beitrag zu der Herkulesaufgabe Klimaschutz leisten muss und leisten wird. Denn wer Private verpflichten will, der sollte sich nicht wegducken, sondern mit gutem Beispiel vorangehen. Wir begrüßen daher, dass die Regierung mit der energetischen Sanierung und Photovoltaik-Belegung der Landesliegenschaften konzentrierter und verbindlicher vorangehen will. Es ist gut, dass mit dem neuen EWKG nicht nur andere mit Anforderungen belegt werden, sondern wir auch vor der eigenen Haustür bzw. auf dem eigenen Dach kehren.
Wo Licht ist, ist auch Schatten. Die vorgeschlagenen Anforderungen und Auflagen für Private und Gewerbetreibende sind ein Kompromiss. Gut ist, dass private Häuslebauer bzw. Dachsanierer durch das EWKG nicht Photovoltaik-zwangsverpflichtet werden. Beim Neubau und der Renovierung von Nicht-Wohngebäuden sowie auf neuen Parkplätzen mit mehr als 100 Stellplätzen sieht der Gesetzentwurf eine PV-Pflicht vor. Hiervon kann man sich im Falle einer Unwirtschaftlichkeit befreien lassen. PV-Pflichten sehen wir Freie Demokraten grundsätzlich kritisch. Sie ist auch schlicht nicht nötig, um die Solarenergie voranzubringen. Es gibt kein Nachfrageproblem. Der Präsident der deutschen Solarwirtschaft, Jörg Ebel, hat es in einem Gastbeitrag im PV-Magazine am 31. März 2021 auf den Punkt gebracht: ‚Beliebter wird Solarenergie durch die Solarpflicht nicht. [...] Pflichten sind etwas für Verzweifelte. Wenn ich etwas loswerden will, das so unbeliebt ist, dass es partout niemand machen will, dann greife ich als Staat zur Pflicht. [...] Aber ist das so bei der Solarenergie? Haben die Menschen, die Bürgerinnen und Bürger, die Investorinnen und Investoren keinen Bock auf Solar? Das Gegenteil ist doch der Fall! Solarenergie bricht seit Jahren alle Beliebtheitsrekorde und kann es in den Umfragen locker mit Katzenbabys, Mutter Theresa oder Lady Gaga aufnehmen.‘
Es gibt im EWGK-Entwurf noch eine weitere Pflicht. Beim Austausch oder nachträglichen Einbau einer Heizungsanlage bei Gebäuden, die vor 2009 errichtet worden sind, sollen mindestens 15 Prozent des Energiebedarfs durch Erneuerbare Energien gedeckt werden. Hier lautet die Gefahr, dass die Immobilieneigentümer die Erneuerung ihrer alten Heizungsanlage herauszögern, um dem gesetzlichen Zwang zu entgehen. So würden dann alte Heizungen mit hohem Energieverbrauch länger in Betrieb bleiben als notwendig. Wir werden uns jetzt im parlamentarischen Verfahren gemeinsam mit den beteiligten Akteuren intensiv mit dem Gesetzentwurf auseinandersetzen.
Abschließend sei nochmal Folgendes angemerkt: Wie alle Regelungen und Ziele müssen auch die im EWKG regelmäßig auf ihre Wirkung und ihren Sinn hin überprüft werden. Gerade vor dem Hintergrund der Reformen, die die EU bei der CO2-Bepreisung plant und noch im Juni vorstellen will, könnte manche Regelung obsolet oder anpassungswürdig werden. Wir wollen unbedingt vermeiden, dass die Menschen mit einem Regelungschaos überzogen werden oder sich Maßnahmen am Ende konterkarieren. Die Energiewende ist stärker innovativ, technologieoffen, international und als Gesamtsystem zu denken. Und auch die Bezahlbarkeit von Energie muss künftig mehr in den Fokus rücken.“
Es gilt das gesprochene Wort!