In seiner Rede zu TOP 17 (Faire Besteuerung für digitale Geschäftsmodelle sicherstellen) erklärt der digitalpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Stephan Holowaty:
„Es versteht doch kein Malermeister, kein Buchhändler, kein Arbeitnehmer, in Deutschland mit Spitzensteuersatz und Solidaritätszuschlag belastet zu werden, während gleichzeitig ein hier operierendes Digitalunternehmen seinen Ort der Besteuerung frei wählen darf und dabei feststellt, dass die Steuersätze in Zypern oder Irland einfach niedriger sind. Digitale Unter-nehmen leben auch steuerlich in einer neuen Welt. Weder das internationale noch das deutsche Steuerrecht haben die Herausforderung der neuen Welt bisher begriffen. Wir brauchen ein neues Steuerrecht, das in der digitalen Welt auch funktioniert.
Wenn die Politik es nicht schafft, für die Digitalwirtschaft angemessene und abgestimmte Besteuerungsmodelle zu entwickeln, dann braucht sich die Politik auch nicht zu wundern, dass die Digitalwirtschaft sich genau an die existierenden Gesetze hält und nicht mehr Steuern zahlt als nötig. Wenn Sie heute mit Google zum Beispiel nach dem Begriff ‚einfaches Steuerwesen‘ suchen, wo wird dann die Leistung von Google erbracht? Auf Ihrem Bildschirm, wo Daten angezeigt werden, die über das Internet hinge-schickt wurden? Oder im Google-Datencenter in Belgien, wo die Suchan-frage ausgeführt wird? Oder doch im Silicon Valley, wo die Suchfunktion entwickelt und programmiert wird, wo also das Produkt ‚Suche‘ hergestellt wird? Genau an dieser Frage muss eine Reform ansetzen, genau deshalb müssen wir als Land auch darauf drängen, dass es hier endlich mehr Engagement gibt, auch in Berlin.
Wirkungsvoll ist nur eine Lösung auf internationaler Ebene, am besten auf OECD-Ebene. Da liegen aber die Interessen unterschiedlicher Länder sehr weit auseinander – klar, jeder möchte den größten Teil des Kuchens abbekommen. Unternehmenssteuern müssen sich am Gewinn orientieren. Wenn Sie einem Unternehmen etwas wegnehmen, was es nicht hat, führt das zur systematischen Vernichtung von neuen Ideen, Unternehmen und natürlich auch Arbeitsplätzen. Wie lange ist darüber diskutiert worden, ob ein Amazon, ein Google oder ein Facebook überhaupt tragfähige Geschäftsmodelle sind? Sie haben jahrelang mit zum Teil horrenden Verlusten gearbeitet. Wo fällt aber nun der Gewinn an? Wie werden Doppelbesteuerungen vermieden? Letztlich wird eine internationale Verständigung über die Gewinnzurechnung benötigt, mindestens auf EU-Ebene, besser auf OECD-Ebene. Aber seien wir bitte nicht blauäugig. Auch andere werden reagieren.
Stellen wir uns mal vor, China kommt jetzt auf die Idee, dass die Wert-schöpfung von VW in China stattfindet, wo die Autos gefahren werden und nicht in Wolfsburg, wo sie gebaut werden. Sie sehen, wie problematisch es ist, Dienste und Produkte am Ort der Nutzung zu besteuern. Natürlich wollen wir, dass es bei der Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle dazu kommt, dass vermehrt im ‚Nutzerstaat‘ besteuert wird, aber wir können die Besteuerung am Ort der Nutzung nicht zum neuen Besteuerungsprinzip erheben. Die USA – und das hat erstmal nichts mit Donald Trump zu tun – verstehen dies dann als Importzoll. Damit würden wir uns als Exportnation gleich ins eigene Fleisch schneiden. Was wir brauchen, sind keine Zoll- und Handelskriege, sondern globale Besteuerungsregeln für globale Unter-nehmen. Machen wir uns aber bitte die Dimensionen klar: Die von der EU-Kommission angeregte Digitalsteuer bringt nach Berechnungen des ifo-Instituts europaweit etwa 3-4 Milliarden Euro – ohne Einberechnung hypo-thetischer Strafmaßnahmen und Handelskriege anderer Länder. Allein in Deutschland sind 2018 von Bund und Ländern rund 776 Milliarden Euro an Steuern eingenommen worden. Die Besteuerung digitaler Geschäftsmodel-le ist und bleibt also kompliziert.
Also: Fairer Wettbewerb und faire Besteuerung, ja und das international! Wir brauchen keine eigene Sondersteuer für die Digitalwirtschaft, sondern ein ‚Update‘ für das Körperschaftssteuerrecht durch Erweiterung um die ‚digitale Präsenz‘. Wir tun gut daran, aus Schleswig-Holstein dieses Thema aufzugreifen. Faires Wirtschaften, faire Spielregeln, auch faire Steuern sind für uns Freie Demokraten fundamentale Bausteine der Sozialen Marktwirtschaft.“