Digitalisierung/ Open-Source-Software

Stephan Holowaty zu TOP 27 „Nutzung von Open-Source-Software“

In seiner Rede zu TOP 27 (Nutzung von Open-Source-Software) erklärt der digitalpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Stephan Holowaty:

„Die Diskussionen um Open-Source-Software haben in diesem Hause ja eine gewisse Tradition. Man hat manchmal den Eindruck, als ob bei diesem Thema eine politische ‚Software-Ideologie‘ um die bessere Digitalisierungs-Moral entwickelt wird. Wenn wir uns IT-Projekte der öffentlichen Hand genauer ansehen, dann sehen wir, dass das Verlegen eines Kabels oder das Aufstellen eines Computers vergleichsweise einfach sind. Die großen Probleme, Verzögerungen und Kosten entstehen bei der Software – ob Sie nun an die LKW-Maut denken, die Gesundheitskarte oder auch bei uns im Lande an das KoPers Projekt zur Personalverwaltung.

Ich versichere Ihnen, diese Projekte sind nicht deshalb notleidend, weil da ‚Open‘ oder ‚Closed‘-Source draufsteht, weil da Lizenzgebühren bezahlt werden oder auch nicht, sondern weil Auftraggeber im Projektverlauf ständig ihre Anforderungen verändern, weil die Komplexität von Projekten unnötig hoch getrieben wird oder auch, weil von Anfang an zu knappe, zu sportliche Projektpläne keinerlei Puffer lassen und dann Termine, Qualität und Kosten wie eine Kette von Dominosteinen umfallen. Ich kann nur raten: lassen wir uns bei der Beschaffung von Software nicht zu sehr politisch leiten, die Debatte nicht auf einzelne große amerikanische Softwarehersteller fokussieren. Microsoft wie auch IBM gehören übrigens zum Beispiel weltweit zu den größten Anbietern von Open-Source-Software.

Nein, wichtig bei der Auswahl von Software ist doch nicht das Lizenzmodell, sondern es sind immer wieder die altbekannten Kriterien: Funktionalität, Wirtschaftlichkeit, Sicherheit, Usability, Interoperabilität und Zukunftssicherheit. Open Source ist zum Beispiel nicht unbedingt wirtschaftlicher als kommerzielle Software. In den meisten Fällen sind nämlich nicht Lizenzgebühren die Kostentreiber, sondern individuelle Anpassungen, Pflege-, Wartungs- und Supportkosten, die Schulung von Anwendern, aber auch die Integration von Software unterschiedlicher Hersteller. Diese Gesamtkosten haben mit dem Lizenzmodell am Ende kaum etwas zu tun. So können Sie übrigens alle diese Kriterien durch deklinieren. Mit dem Ergebnis, das am Ende eigentlich keines wesentlich davon abhängt, ob Sie Open-Source oder Closed-Source einsetzen. Und genau das ist der Grund, warum mich die aktuelle Softwarestrategie des Landes auch überzeugt – genau die Software einsetzen, die den Job macht, die die Anforderungen erfüllt.

Die derzeitige Multi-Vendor-Strategie des Landes kann durchaus Kostennachteile haben, da das Wissen im Betrieb deutlich breiter aufgestellt sein muss als bei einer Single-Vendor-Strategie. Das wird dadurch aber überkompensiert, dass zum Beispiel gleichzeitig eine geringere Anfälligkeit gegen eine potentielle einzelne sehr kritische Sicherheitslücke bei einem Hersteller besteht und es führt auch dazu, nicht von einem einzelnen Hersteller oder Softwareentwicklungsstrang kommerziell oder strategisch abhängig zu werden.

Ich habe in meinem vorpolitischen Leben viele auch sehr komplexe Softwareprojekte geleitet und begleitet. Ich rate vor allem zu einer offenen Herangehensweise und ich rate dazu, technische Sachverhalte nicht politisch zu entscheiden, sondern dies den Fachleuten zu überlassen. Das wäre sonst wie der Versuch, als Politiker einem Arzt bestimmte Operationsverfahren vorschreiben zu wollen. Open-Source und Closed-Source arbeiten übrigens in den meisten Fällen problemlos zusammen: das IT-Fachverfahren, das von einem Softwarehaus als kommerzielle Software entwickelt wird und das auf einem Open-Source-Datenbanksystem im Backend betrieben wird – das ist heute eigentlich der Standard.

Wir sprechen hier aber auch von Wirtschafts-, Patent- und Forschungsförderung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass zum Beispiel ein Anbieter der neuesten Generation von KI-Systemen irgendjemandem den Quellcode offenlegen mag. Wollen wir deshalb auf den Einsatz von modernsten Systemen einfach mal grundsätzlich verzichten?

Wir bitten die Landesregierung um einen Bericht, wie und bis wann eine Umstellung auf Open-Source möglich ist. Diese kurze Debatte ist nur ein ganz kleiner Blick auf eine sehr komplexe und vielfältige Thematik. Ich verstehe unsere Bitte an die Landesregierung auch so, die aktuelle Softwarebeschaffungsstrategie immer wieder kritisch zu betrachten und an aktuelle Entwicklungen anzupassen, Abhängigkeiten zu vermeiden und Chancen zu nutzen. Dafür braucht es Software, die funktioniert, die wirtschaftlich ist, die Datenschutz genauso wie IT-Sicherheit ganz nach oben stellt, die für die Benutzer gut anwendbar ist, die mit anderer Software gut zusammenarbeitet und die zukunftssicher ist. Wir brauchen schlicht die Software, die den Job macht.“

 

Es gilt das gesprochene Wort!