Stephan Holowaty zu TOP 7 "Gesetz für den Übergangszeitraum nach dem Brexit"

Stephan Holowaty

In seiner Rede zu TOP 7 (Gesetz für den Übergangszeitraum nach dem Aus- tritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union) erklärt der europapolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Stephan Holowaty:

,,Kennen Sie Ian Macnab? Die Lauenburger unter Ihnen kennen ihn sicher.

Er ist der ehrenamtliche Bürgermeister der Gemeinde Brunsmark, ein beliebter zudem, wie die LN Online berichteten. Ian Macnab kann beim Brexit nicht mehr ehrenamtlich in dieser Funktion tätig werden, weil er dann kein EU-Bürger mehr ist. Das ist eine der Folgen des Brexits. Vielleicht nur eine Randnotiz. Aber ich warne davor, den Briten jetzt lediglich ein ,selbst schuld` zuzurufen und all die Probleme des Brexit lediglich mit einem Schulterzucken zu kommentieren.

Für einen geregelten Brexit sind wir in Schleswig-Holstein mit dem Brexit-Übergangsgesetz gut aufgestellt ­ im Falle eines geregelten Brexit. Leider wird aber Tag für Tag die Wahrscheinlichkeit eines ungeregelten Brexits immer größer. Es geht hier nicht nur um eine abstrakte Wirtschaftsleistung, um Steuern und Zinsen, um Zölle oder Verkehrsstaus. Es geht um Men- schen, um Lebensplanungen, um Schicksale. Wenn Großbritannien zum Beispiel keine Möglichkeit hat, Insulin herzustellen, dann ist das für Betroffene ein persönliches Drama. 3,5 Millionen EU-Bürger leben in Großbritannien, viele arbeiten übrigens im Gesundheits- und Pflegebereich. Millionen Briten wie Ian Macnab leben und arbeiten dagegen in einem anderen EU-Land. Ein ungeregelter Brexit lässt Lebenspläne platzen, hat Einfluss auf das Leben eines jeden einzelnen ­ auch des Briten, der feststellen muss, dass seine Ärztin oder sein Pfleger das Land verlässt.

Wir haben kein Interesse daran, dass die britische Wirtschaft schweren Schaden nimmt. Wir haben kein Interesse daran, dass ein Nordirlandkonflikt

wieder aufflackert. Wir haben kein Interesse daran, dass Großbritannien de- stabilisiert und die Gesellschaft weiter gespalten wird. Wir haben aber ein großes Interesse daran, dass Europa weiter eng zusammenarbeitet und eine kraftvolle Rolle in der Welt spielt. Aber der Brexit ist für Europa auch eine Chance, gerade im Jahr der Wahl zum Europäischen Parlament im Mai. Eine Chance, um sehr gut zu verstehen, wo der konkrete tägliche Nutzen der EU, des gemeinsamen Europas liegt. Menschen können frei entscheiden, wo sie leben, arbeiten und reisen. Sie können überall ihre Meinung frei sagen. Sie können sich darauf verlassen, dass Lebensmittel überall gut kontrolliert werden, dass bei einer Reise in ein anderes europäisches Land keine Roaminggebühren anfallen, und dass ihre Daten geschützt sind. Gut, Sie können sich auch darauf verlassen, dass das Innere der Pizza Napoletana über- all 0,4cm dick ist. Wir sehen auch, dass es in der EU immer noch neue Chancen gibt, Dinge besser zu machen. Das sollten wir auch tun statt die großen Erfolge Europas schlechtzureden und zurückzudrehen. Die Zukunft Europas liegt in einem starken Europäischen Parlament. Einem Parlament mit Initiativrecht, einem Parlament, das Europa voranbringen kann.

Populisten und Nationalisten fordern die Entrechtung, gar die Auflösung des Europaparlaments. Populisten und Nationalisten sind per Definition Egoisten. Sie arbeiten nicht zusammen. Lediglich beim ,Dagegen` sind sie sich ei- nig. Und danach? Sie werden bei Konflikten keine Kompromisse, keine gemeinsamen Positionen suchen, sondern sie sind Gegner, Feinde, Egoisten.

Ist das die Zukunft? Im letzten Jahrhundert wurden europäische Konflikte nur zu oft auf dem Schlachtfeld ausgetragen. Heute tragen Europäer diese Konflikte in Konferenzräumen, im Parlament aus. Der drohende Brexit führt uns Tag für Tag vor, was Europa alles geschafft hat, was wir ohne ein gemeinsames Europa verlieren können."

 

Es gilt das gesprochene Wort.