Landtag/Regierungserklärung

Wolfgang Kubicki: Der Ministerpräsident verspricht „blühende Landschaften“

„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben sich bei dieser Rede wieder einmal ungeniert aus dem Zettelkasten der politischen Phrasenkunde bedient. Es ist ohne Übertreibung die schlechteste Regierungserklärung, die ich je von einem Ministerpräsidenten in diesem Hohen Hause gehört habe.

 

Um große Worte ist diese Landesregierung selten verlegen, wenn es darum geht, ihre eigene Bedeutung im historischen Kontext Schleswig-Holsteins darzustellen. Hatte der Ministerpräsident in seiner ersten Regierungserklärung am 13. Juni 2012 noch davon gesprochen, ganz Europa schaue auf Schleswig-Holstein, auf diese Koalition und sicherlich auch auf ihn selbst, so konnten wir heute – nicht zum ersten Male – erleben, dass ‚historisch‘ für Rot-Grün-Blau offenbar gar kein Ausdruck mehr ist. Denn so vieles, was diese Koalition zu tun scheint, ist historisch.

 

  • Sei es das bedeutende Infrastrukturprogramm, das gegen Ende der über-über-nächsten Legislaturperiode sein historisches Ziel erreicht haben soll – aber auch erst in der nächsten Legislaturperiode begonnen werden soll.
  • Oder sei es das historische Streben dieser Landesregierung nach völliger Kita-Beitragsfreiheit, die irgendwann kommen soll. – Was den Ministerpräsidenten aber sichtlich nicht davon abhält, schon heute von der schleswig-holsteinischen Öffentlichkeit die Meriten einzufordern für das unentwegte und unermüdliche Ringen seiner Regierung um dieses historische Ziel.

 

Wer den Blick auf die wirklich historisch – im Sinne von ‚einmalig‘ – zu nennenden Errungenschaften dieser Regierung richtet, wird zu unserem Bedauern leider sehr schnell fündig:

 

Denn tatsächlich historisch ist, dass sich die Verkehrsinfrastruktur des Landes noch nie in einem so schlechten Zustand befunden hat, wie heute.

 

Historisch sind die niedrigsten Investitionsquoten seit Bestehen des Landes Schleswig-Holstein, die diese Regierung zu verantworten hat.

 

Historisch ist die erschreckend niedrige Aufklärungsquote bei Einbruchsdelikten von zum Teil unter fünf Prozent bei einer historisch zu nennenden Zahl von Überstunden, die die Landespolizei zu leisten hat.

 

Das ist die aktuelle Situation des Landes – und fast alles davon ist das Verdienst Ihrer Koalition, Herr Ministerpräsident!

 

Die Ausgabensteigerungen, die in der Verantwortung von SPD, Grünen und SSW seit 2012 beschlossen wurden, suchen ebenfalls Ihresgleichen. Der Landesrechnungshof hat in seinen ‚Bemerkungen 2015‘ aufgezeigt, dass diese Koalition bis zum Jahr 2018 Ausgabenzuwächse vorgesehen hat, die zum Teil deutlich über dem langjährigen Durchschnitt von 2,2 Prozent liegen (das betrifft den Referenzzeitraum 1990 bis 2013).

 

Laut Rechnungshof steigerten Rot, Grün und Blau die Nettoausgaben im Jahr 2013 um 3,8 Prozent, im Jahr 2014 um 2,4 Prozent und im Jahr 2015 – das war sogar noch vor dem Nachtragshaushalt – um sage und schreibe 4,6 Prozent!

 

Wir leiden heute erheblich unter den finanzpolitischen Entscheidungen der Vergangenheit und tragen einen Schuldenberg vor uns her, der viele Generationen nach uns noch beschäftigen wird. Aber Sozialdemokraten, Grüne und SSW haben trotz dieser Schulden beschlossen, noch mehr auszugeben als diejenigen Landesregierungen der Vergangenheit, die uns erst zum Haushaltsnotlageland gemacht haben.

 

Das heißt: Wer generationenungerechte Politik machen will, sollte genau so handeln wie diese Koalition. Denn anders, als Sie es uns hier verkaufen möchten, Herr Ministerpräsident, nehmen Sie den jungen Menschen von heute politische Handlungsfähigkeit für morgen. Das ist beileibe nicht verantwortungsvoll, sondern vielmehr rücksichtslos. Und das wissen Sie auch.

 

Dieser Berg an Schulden wächst derzeit im Übrigen ungehindert: Selbst wenn uns Finanzministerin Heinold – entgegen ihrer aktuellen Planung – bereits im kommenden Haushalt eine schwarze Null präsentieren würde, selbst wenn wir rein fiskalisch betrachtet Schulden abbauen würden, verfällt unsere Infrastruktur – unsere Straßen und Brücken, unsere Hochschulen und unsere Krankenhäuser – tagtäglich.

 

Das Problem ist dieser Landesregierung längst bekannt, denn der Ministerpräsident sagte am 12. November 2014 hier im Landtag:

 

‚Wir wissen: Investitionen in unser Land sind von zentraler Bedeutung für den Erfolg dieses Landes. Wir wissen, dass wir Geldschulden nicht länger durch Betonschulden ersetzen dürfen, etwa indem wir Straßen oder Brücken nicht mehr reparieren.‘

 

Und was tun Sie? Sie planen für das kommende Jahr einen neuen Investitionsminusrekord von 6,2 Prozent! Wenn also Investitionen von zentraler Bedeutung für den Erfolg des Landes sein sollen, dann tun Sie nach Ihren eigenen Maßstäben fast alles für den Misserfolg dieses Landes. Welch eine historische Tat, Herr Ministerpräsident!

 

Der Straßenzustandsbericht hat es uns im vergangenen Jahr nur allzu deutlich aufgezeigt: Hätte das Land zwischen 1990 und 2014 280 Millionen Euro mehr in die Landesstraßen investiert, hätten wir 900 Millionen Euro an Sanierungskosten gespart. Also: Jeder Euro, den wir heute in die Verkehrsinfrastruktur nicht investieren, kostet uns später etwa 3,21 Euro. Wenn das keine Konsolidierungspolitik ist, was denn sonst?

 

Um Ihnen politisch Luft zu verschaffen, haben Sie – gewissermaßen als selbst erschaffenen Deus ex Machina – dieses tönend angekündigte Investitionsprogramm aus dem Boden gestampft, das sinnigerweise erst im über-über-nächsten Jahr beginnen soll.

 

Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Diese Landesregierung will sich sechs Jahre Zeit nehmen, um eines der drängendsten Probleme des Landes anzugehen! Das ist eine Schwerpunktsetzung, die mit Vernunft höchstens theoretisch etwas zu tun hat! Das hat Schleswig-Holstein mit Sicherheit nicht verdient!

 

Ganz davon abgesehen, sind hier noch viele Fragen offen – wie zum Beispiel: Woher soll plötzlich das viele Geld – fast 2,3 Milliarden Euro – kommen? Und zweitens: Was passiert eigentlich mit diesem Investitionsprogramm, wenn es unserer Konjunktur wieder etwas schlechter gehen sollte als heute? Hierauf haben wir heute keine Antwort erhalten, was darauf hindeutet, dass die Finanzierungsfrage für Sie überhaupt keine Rolle spielt.

 

Herr Ministerpräsident, die Menschen fragen sich doch zu Recht: Warum hat sich unsere Regierung nicht in den vergangenen drei Jahren um die Sanierung der Straßen und Brücken gekümmert? Warum kümmert sie sich hierum nicht wenigstens heute?

 

Sie kündigen dauernd ‚blühende Landschaften‘ an und tun in der Gegenwart nichts dafür.

 

In Ihrer Regierungserklärung sagten Sie, Sie machten

 

‚eine Politik, die schon jetzt für das Übermorgen plant‘.

 

Ich sage Ihnen: Es wäre besser, Sie machten eine Politik, die für das Morgen handelt.

 

Vernünftige Weichenstellungen für Schleswig-Holstein könnten auch so aussehen, dass Sie die Voraussetzungen für wirtschaftliches Wachstum schaffen.

 

Wir wissen, dass Schleswig-Holstein noch immer das schlechteste Pro-Kopf-BIP aller westdeutschen Bundesländer hat. Und diese Koalition hat mit dem wirtschaftsfeindlichen Gesetzestrio Tariftreuegesetz, Korruptionsregister und Mindestlohngesetz mit Nachdruck dafür gesorgt, die Stimmung im hiesigen Mittelstand auf neue Tiefpunkte zu bringen.

 

Ich muss wirklich sagen, ich habe derart schlechte Zustimmungswerte bei UV-Nord-Umfragen für einen Ministerpräsidenten – 17 Prozent! (nach 16 Prozent im Vorjahr) – nicht in Erinnerung. Vor dem Hintergrund der bisherigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen sowie angesichts der Tatsache, dass Sie für Wirtschaftspolitik in der Regierungserklärung kaum ein Wort übrig hatten, haben Sie sich diese zweifelhafte Ehre aber gewiss verdient.

 

Erfreulich war im vergangenen Jahr zugegebenermaßen, dass die BIP-Steigerung Schleswig-Holsteins leicht über dem bundesdeutschen Schnitt lag. Das lag aber nicht daran, dass die Landesregierung die Voraussetzungen für Wirtschaftswachstum geschaffen hat, sondern ausschließlich daran, dass in Schleswig-Holstein Kriegswaffen für befreundete Staaten produziert wurden. Ob Sie sich damit rühmen wollen, bleibt Ihnen überlassen.

 

Bevor wir zu den ‚rot-grün-blauen Weichenstellungen für Schleswig-Holstein Zukunft‘ zurückkommen, müssen wir feststellen, dass diese Landesregierung in der Vergangenheit für viele Entwicklungen nicht nur die Weichen falsch gestellt hat, sie hat auch lange absehbare Entwicklungen gefährlich verschleppt. Stichwort: Flüchtlingspolitik.

 

Bereits im Bericht der Landesregierung ‚Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen‘, Drucksache 18/155, vom 18. September 2012 wies die Landesregierung selbst auf

 

‚kontinuierlich steigende[...] Zugangszahlen der Asylbegehrenden‘

 

hin. Und ein Jahr später, am 25. September 2013, forderte der Landtag die Landesregierung in einem einstimmigen Beschluss auf, angesichts der immer drängender werdenden Herausforderungen ein gemeinsames Konzept von Land und Kommunen zur Unterbringung von Flüchtlingen in Schleswig-Holstein zu entwickeln. Geschehen ist dann ein Jahr lang fast nichts.

 

Wir sehen jetzt, welche fatalen Auswirkungen diese Untätigkeit hat: Bei den Erstaufnahmeeinrichtungen – für die genuin das Land zuständig ist – sind Sie viel zu spät in Tritt gekommen. Faktisch hangeln wir uns größtenteils immer noch von Notunterkunft zu Notunterkunft.

 

Um nicht missverstanden zu werden: Wir danken ausdrücklich Herrn Oberbürgermeister Dr. Tauras und den Beteiligten vor Ort in Neumünster, in Seth sowie an den anderen Notunterkünften im Land für ihre unbürokratische und vor allem schnelle Hilfe. Aber für diese Landesregierung sind solche Nacht-und-Nebel-Aktionen zur Errichtung von Notunterkünften, wie wir sie noch in der vergangenen Woche in Neumünster erleben mussten, ein flüchtlingspolitisches Armutszeugnis – gerade wenn wir sehen, wie lange es schon entsprechende Beschlüsse des Landtages hierzu gegeben hat.

 

An hehren Ratschlägen mangelt es SPD, Grünen und SSW ja nie, wenn es darum geht, dass andere ihrer Verantwortung gerecht werden sollen. Noch im Mai-Plenum hatten die Koalitionäre die europäische Gemeinschaft aufgefordert, ihre humanitäre Verantwortung für die steigenden Flüchtlingsströme wahrzunehmen. Ministerpräsident Albig wurde auch nicht müde, von Berlin mehr Geld für die Länder zu fordern. Zugleich aber kommt diese Landesregierung ihrer eigenen Verpflichtung in der Flüchtlingspolitik offensichtlich nicht ausreichend nach.

 

Eine Konsequenz der flüchtlingspolitischen Verschleppung durch diese Regierung war die Entscheidung der Lübecker Bürgerschaft gegen den Verkauf des Bornkamp-Geländes. Die Landesregierung muss sich nicht wundern, wenn die von ihr hastig angeschobenen Projekte von den Entscheidungsträgern vor Ort nicht immer nach dem Prinzip von Befehl und Gehorsam befolgt werden.

 

Aber wenn dann auch noch seitens der SPD-Landtagsfraktion Beschimpfungen und Drohungen in Bezug auf die souveräne demokratische Entscheidung der Lübecker Bürgerschaft ausgestoßen werden, dann sind erhebliche Zweifel am demokratischen Verständnis einiger schleswig-holsteinischer Sozialdemokraten angebracht.

 

Dass die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Serpil Midyatli, in den ‚Lübecker Nachrichten‘ vom 26. Juni erklärte, die Lübecker Abgeordneten würden

 

‚zur Rechenschaft gezogen‘,

 

falls es bei der Flüchtlingsunterbringung zu Engpässen käme, war schon schlimm genug.

 

Der SPD-Landesvorsitzende, Dr. Ralf Stegner, setzte aber noch einen drauf und stellte die Bürgerinitiative – die lediglich für eine kleinere Einrichtung warb! – kaum verklausuliert mit dem jüngsten ausländerfeindlichen Brandanschlag in Kücknitz in Verbindung. Die Menschen erwarten von Ihnen zu Recht eine Entschuldigung für diese unerträgliche Entgleisung, Herr Dr. Stegner!

 

Der Ministerpräsident sagte im LN-Interview vom 5. Juli, er habe eine solche Entscheidung aus der Stadt von Willy Brandt nicht erwartet. Ich muss zugeben, ich habe ein solches Gebaren von den politischen Erben Willy Brandts nicht erwartet.

 

Willy Brandt wollte mehr Demokratie wagen. Sie hingegen werfen denjenigen, die nicht Ihrer Auffassung sind, unmoralisches und verwerfliches Verhalten vor. Damit zerschlagen Sie viel mehr demokratisches Porzellan, als Sie sich vorstellen können.

 

Es hat mich enttäuscht, dass Sie in Ihrer Regierungserklärung die Lage der Polizei im Land kaum gestreift haben, Herr Ministerpräsident. Sie wissen es auch: Die Polizeibeamten im Land haben einen harten Job und sie riskieren ihr Leben für unsere Sicherheit. Und sie schieben vor allem in diesem Jahr durch viele außerordentliche Ereignisse einen Berg an Überstunden vor sich her – durch den G7-Gipfel etwa, oder durch den Besuch des israelischen Staatspräsidenten.

 

Dass die Personaldecke aber grundsätzlich viel zu kurz ist und langfristig auf Kosten der Motivation und Leistungsfähigkeit der Beamtinnen und Beamten geht, ist eigentlich offensichtlich. Ich hätte heute erwartet, dass zu den Weichenstellungen für Schleswig-Holsteins Zukunft ebenfalls gehört, den Stellenabbau bei der Landespolizei mindestens zu stoppen, um unsere innere Sicherheit auch künftig zu gewährleisten.

 

Leider haben Sie sich hier ein Beispiel an Ihrem Innenminister genommen, der öffentlichkeitswirksam einen Neuanfang mit der Landespolizei versprochen hat, aber tatsächlich genau dort weitermachte, wo er aufgehört hat.

 

Im Sinne der Polizeibeamten sei dieser Einschub in Richtung des Innenministers hier gestattet: Wer sich bei der Vorstellung gravierender Polizeistrukturmaßnahmen – vor allem bei der Wasserschutzpolizei – auf einer Pressekonferenz von seinen Ministerialbeamten vertreten lässt, der hat die eigene Verantwortung für die Polizeibeamtinnen und -beamten nicht verstanden. Da helfen Ihnen noch so publicity-trächtig vorgetragene Demutsgesten auch nicht!

 

Kommen wir zu Ihrem Motto zurück: ‚Rot-grün-blaue Weichenstellungen für Schleswig-Holsteins Zukunft‘.

 

Ich muss gestehen, ich war ziemlich überrascht, als ich diese Überschrift Ihrer Regierungserklärung gelesen habe, Herr Ministerpräsident.

 

Ich stelle mir vor, Peter Harry Carstensen hätte in der vergangenen Legislaturperiode eine Regierungserklärung angemeldet, deren Titel gelautet hätte: ‚Schwarz-gelbe Weichenstellungen für Schleswig-Holsteins Zukunft‘. Sie hätten doch hier auf dem Tisch gestanden und – zu Recht – dem Regierungschef vorgeworfen: Das sei ja unerhört, dass das Verfassungsorgan ‚Ministerpräsident‘ im Landtag ganz offen und unverhohlen Parteipolitik verkauft.

 

Aber bei Sozialdemokraten, Grünen und SSW ist so etwas vollkommen legitim. Denn wir haben ja in den vergangenen drei Jahren gelernt, dass Sie der festen Überzeugung sind, Sie seien die wahren Vertreter Schleswig-Holsteins.

 

Und dass es bei den Beschlüssen des Koalitionsausschusses nur noch um parteipolitische Vorteile geht und maximal in zweite Linie ums Land, hat der sozialdemokratische Landesvorsitzende Dr. Ralf Stegner in der Landespressekonferenz vergangene Woche eindrucksvoll bestätigt. Im SHZ vom 8. Juli durften wir folgendes lesen:

 

‚Jetzt ist vom ‚Krippengeld‘ die Rede. 100 Euro pro Kleinkind bis drei Jahre soll es geben – unabhängig vom Einkommen der Eltern oder eines Alleinerziehenden. Weitere Entlastungen folgen später. ‚Eine klare Basis für die Wahl‘ 2017 seien solche Vorhaben, so Stegner ohne Umschweife.‘

 

Um in dieser Frage auch bloß keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, twitterte Stegner am 7. Juli in die digitale Welt:

 

‚Opposition gegen verbesserte Familienförderung in SH: Da wächst doch die Vorfreude auf den Landtagswahlkampf!‘

 

Und der Ministerpräsident verkündet heute pflichtschuldig ebendiese Beschlüsse, die für die Landtagswahl für SPD, Grüne und SSW Positionsgewinne bringen sollen. Damit werden die Wahlkampfschlager regierungsamtlich präsentiert. Das ist eines schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten, der seinem Bundesland – und nicht seiner Partei – durch Amtseid verpflichtet ist, absolut unwürdig.

 

Denn tatsächlich haben Sie sich mit dieser Regierungserklärung vom Pressesprecher Peer Steinbrücks zum Pressesprecher Ralf Stegners gewandelt. Ob das jetzt ein Karriereschritt nach vorn oder nach hinten war, dürfen Sie selbst entscheiden.

 

Doch damit nicht genug: In der Pressemitteilung, die durch die Pressestelle des SPD-Landesverbandes am vergangenen Dienstag im Namen von SPD, Grünen und SSW versandt wurde und in der die Ergebnisse des Koalitionsausschusses verkündet wurden, finden wir in den Dokumenteigenschaften einen interessanten – und wahrscheinlich schwerwiegenden – Hinweis. Dieser Hinweis – das stelle ich vorweg – lässt tief blicken in das Verhältnis zwischen den regierungstragenden Parteien und der Exekutive.

 

Als Verfasserin dieser pdf-Datei wird nämlich in den ‚Eigenschaften‘ die Stabsleiterin des Sozialministeriums genannt – ausdrücklich nicht als Privatperson oder als Parteimitglied, sondern als Mitarbeiterin des Sozialministeriums. Das heißt konkret, Ministerialbeamte machen offenbar aktiv Parteiarbeit für die Landesverbände von SPD, Grünen und SSW.

 

Gerade vor dem Hintergrund der Friesenhof-Diskussion drängt sich hier geradezu die Frage auf, ob die Stabsleiterin nicht besser daran getan hätte, ihren eigentlichen Job ernster zu nehmen, statt Presseerklärungen für die rot-grün-blauen Landesparteien zu verfassen.

 

Ich erwarte von der Landesregierung schnellstens Aufklärung darüber, welchen Beitrag Mitarbeiter der Ministerien und der Staatskanzlei für die Landesparteien von SPD, Grünen und SSW geleistet haben. Im Interesse der Landesregierung und der beteiligten Parteien muss der Verdacht rechtswidriger Aktivitäten dringend ausgeräumt werden.

 

Die Menschen im Land merken genau, dass diese Landesregierung ihnen deutlich mehr verspricht, als sie zu halten imstande ist. So ist es überhaupt nicht überraschend, dass der Ministerpräsident innerhalb von kurzer Zeit vom beliebtesten Politiker in Schleswig-Holstein zum unbeliebtesten sozialdemokratischen Ministerpräsidenten in ganz Deutschland avancierte.

 

Das kann ja eigentlich nur heißen, dass das, was die Menschen im Land wollen, nicht dem entspricht, was Sie ihnen bieten. Ein wenig mehr Selbstkritik wäre deshalb vielleicht auch bei denen angebracht, die hier so auftreten, als sprächen sie alleine für Schleswig-Holstein.“