Innen/Glücksspiel

Wolfgang Kubicki: Der Schutz der Allgemeinheit rechtfertigt keine Ungleichbehandlung

„Der Begründung des Gesetzentwurfes, bisher nur durch die Sportwettvertriebsverordnung geregelte Berufsausübungsregelungen auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen, um nicht gegen die Berufsfreiheit zu verstoßen, ist zunächst nichts entgegenzuhalten. Problematisch ist allerdings zum einen die Regelung an sich und zum anderen – ganz grundsätzlich – die dahinterstehende europarechtswidrige Regulierung des Glücksspiels in Deutschland.

 

Das Verbot, in Sportwettbüros Geldspielgeräte aufzustellen und Alkohol auszuschenken, lässt sich weder rechtlich noch logisch begründen. Es ist allein Ausdruck des obsessiven, rein fiskalisch motivierten Kampfes der Länder gegen private Spielanbieter. Private Anbieter werden unter dem Vorwand, Spielsucht zu bekämpfen oder wenigstens zu kanalisieren, diskriminiert oder jedenfalls behindert, um der öffentlichen Hand Einnahmequellen zu bewahren.

 

Genau das zeigt der Glücksspielstaatsvertrag: Für staatlich organisierte Anbieter werden Beschränkungen aufgehoben; für private Anbieter werden neue Beschränkungen geschaffen.             Es geht hier in erster Linie also um die Erhaltung des staatlichen Glücksspiel- oder Wettmonopols und damit letztlich primär ums Geld. Dadurch entsteht eine Inkohärenz, die mit diesem Gesetzentwurf fortgesetzt wird.

 

Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Für die Höhe der Spieleinsätze, des Gewinns und der möglichen Verluste gibt es bei Spielhallenautomaten genaue Vorgaben. Bei Spielbanken existieren solche nicht. Mit anderen Worten: Nur dort kann man seine Existenz mit einem Mal verspielen.

 

Während in Spielhallen Zusatzgewinne untersagt sind, gibt es in Spielbanken Jackpotauslobungen, die Millionenhöhe erreichen können.

 

In Spielhallen und Sportwettbüros ist der Ausschank von Alkohol verboten. In öffentlich-rechtlichen Spielbanken ist er erlaubt.

 

In Sportwettbüros sollen zudem keine Geldspielgeräte aufgestellt werden. Die Aufstellung von Glücksspielautomaten innerhalb der Spielbanken unterliegt demgegenüber keinerlei Regulierung. Dabei werden rund 75 Prozent der Bruttospielerträge von Spielbanken heute mit Automaten erwirtschaftet.

 

Selbst in Spielhallen dürfen maximal zwölf Geräte aufgestellt sein; in Gaststätten maximal drei Geräte. Nur bei öffentlich-rechtlichen Spielbanken gibt es keine gesetzlichen Vorgaben, weshalb sich hier durchschnittlich 100 Automaten befinden.

 

Der Schutz der Allgemeinheit vor der Wett- und Spielsucht rechtfertigt möglicherweise die Einschränkungen an sich. Er rechtfertigt aber nicht die Ungleichbehandlung.

 

Dass die Bekämpfung der Spielsucht ein Grund zwingenden All-gemeininteresses sein kann, welcher – so der EuGH – im Gegensatz zu fiskalischen Erwägungen auch Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigt, ist doch unbenommen.

 

Der EuGH hat aber auch festgestellt, dass sich Beschränkungen am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen müssen. Insbesondere muss aber eine Kohärenz der Wirkungen bestehen. Insofern kann staatliches Glücksspiel nicht unbegründet weniger stark reguliert werden als privates Glücksspiel. Aber genau das soll mit dieser Regelung passieren.

 

Deshalb können wir diesem Gesetzentwurf auch nicht zustimmen.“