In seiner Rede zu TOP 2+4+22+34+42 (Haushaltsberatungen 2024) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:
„Die Lage der öffentlichen Haushalte in Deutschland ist auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene derzeit in der Tat ziemlich angespannt. Die letzten Jahre haben da zweifellos tiefe Spuren hinterlassen und die schlechte wirtschaftliche Lage kommt hinzu. Es muss deshalb jetzt unbedingt auf allen politischen Ebenen intensiv daran gearbeitet werden, die Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaft wieder deutlich zu verbessern. Denn nur dies verbessert am Ende auch nachhaltig die Entwicklung der Steuereinnahmen. Was verteilt wird, muss zuvor auch erwirtschaftet werden. Zu diesem Grundsatz müssen wir wieder zurückkommen – gerade hier in Schleswig-Holstein!
Es ist deshalb gut, dass die Bundesregierung jetzt erneut in erheblichem Umfang Bürokratie abbauen will und auch das Wachstumschancengesetz vorgelegt hat. Das reicht natürlich noch nicht aus, geht aber in die richtige Richtung. Umso ärgerlicher ist es aus unserer Sicht, dass die Europäische Union – mit Frau von der Leyen der Spitze der Kommission – nun mit der völlig unausgegorenen neuen Lieferkettenrichtlinie gleich wieder für neue Bürokratie sorgt, die viele mittelständische Unternehmen in Deutschland unnötig belasten wird.
Wir hatten vor der Pandemie viele Jahre erlebt, in denen die Einnahmen des Staates und der Sozialversicherungen Jahr für Jahr sehr stark angestiegen sind – auch angesichts der weltweit beinahe höchsten Steuer- und Abgabenlast für die Bürgerinnen und Bürger und auch einer vergleichsweise hohen Belastung der Wirtschaft. Man hatte sich in den Regierungen und in den Parlamenten fast schon daran gewöhnt, dass es immer neue Spielräume gab, die man dann verteilen konnte. Diese Zeiten sind aber vorerst vorbei: Der Landeshaushalt ist mittlerweile tief ins Defizit gerutscht und geradezu aus dem Lot geraten. Viele Ausgaben können CDU und Grüne nur noch aufgrund von verschiedenen Notkrediten stemmen. Dies kann und darf aber kein Dauerzustand sein.
Schleswig-Holstein gehört seit Jahrzehnten zu den eher finanzschwächeren Bundesländern, hatte aber seit dem Jahr 2010 eine sehr erfreuliche Entwicklung bei der Sanierung der Landesfinanzen genommen. Leider erleben wir derzeit einen schlimmen Rückfall in alte Zeiten, in denen die Tragfähigkeit der Landesfinanzen durch die Finanzpolitik der Landesregierung gefährdet wird. Es ist für mich schwer zu ertragen, wenn hier so getan wird, als würde die Landesregierung seriös handeln und als sei deren Haushaltspolitik quasi alternativlos.
11 der 16 Bundesländer stellen ihre Haushalte in diesem Jahr – wie übrigens auch der Bund – komplett ohne Notkredite auf. Darunter sind auch unsere direkten Nachbarbundesländer Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Diese Bundesländer bekommen dies vor allem deshalb hin, weil sie solider wirtschaften und sie in ihren Haushalten notwendige Schwerpunkte setzen. Schleswig-Holstein befindet sich mit Schwarz-Grün hingegen wieder in einer Liga mit Bremen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und dem Saarland. Dabei nimmt nur das Saarland derzeit noch mehr Schulden auf als Schleswig-Holstein.
CDU und Grüne haben als Antwort auf das Karlsruher Urteil zum Bundeshaushalt für das Jahr 2023 und auch gleich noch für das Jahr 2024 eine Dreifach-Notlage ausgerufen, die es so nur in Schleswig-Holstein gibt. Eine Corona-Notlage gibt es ansonsten nur noch in Sachsen-Anhalt. Dass mit Schleswig-Holstein ausgerechnet das Bundesland, das nachweislich und zum großen Glück aller Beteiligter am besten durch die Pandemie gekommen ist, auch für das Jahr 2024 noch immer eine Corona-Notlage ausruft, sorgt bundesweit für Kopfschütteln und grenzt wirklich an Realsatire. Wir konnten diese dreifache Notlage Ende des letzten Jahres nicht mittragen und wir können dies erneut nicht tun. Denn der Umfang, die Verwendung und der zeitliche Zusammenhang entsprechen aus unserer Sicht nicht den Anforderungen unserer Verfassung. Das Karlsruher Urteil war ja sehr weitreichend und an verschiedenen Punkten eben auch sehr klar.
Aber im Einzelnen: Eine Sturmflut wie die an der Ostsee ist als Naturkatastrophe eigentlich ein klassischer Fall für eine Ausnahme von der Schuldenbremse, da sie sich der Kontrolle des Staates entzieht und im Zweifel erhebliche Kosten verursacht. Die mittlerweile aufgerufene Summe für die Beseitigung der Schäden – und nur darum sollte es hier ja eigentlich gehen – sollte man zwar normalerweise aus dem laufenden Haushalt stemmen können, aber hier will ich mich jetzt auch nicht weiter verkämpfen.
Beim Ukraine-Notkredit sind aus unserer Sicht mittlerweile große Zweifel angebracht: Den ersten Ukraine-Notkredit in Höhe von 400 Millionen Euro hatten wir im Jahr 2022 in gemeinsamer Regierungsverantwortung ja noch mitgetragen. Aus gutem Grund: Ein Kriegsausbruch in Europa mit kurzfristig vielen Flüchtlingen, die untergebracht werden mussten, stellte zweifelsohne eine Notlage dar, die sich der Kontrolle des Staates entzog und die schnell überwunden werden musste. Allerdings wird aus den deutlich aufgestockten Krediten schon längst nicht mehr nur die Unterbringung von ukrainischen Flüchtlingen finanziert, sondern in erheblichem Umfang auch bereits geplante Projekte wie die an sich sehr erfreuliche Northvolt-Ansiedlung, die wir bereits vor dem Angriff Russlands auf die gesamte Ukraine gemeinsam vorangetrieben hatten oder andere Dinge, die schlichtweg Daueraufgaben des Landes sind. Ich bleibe dabei, eine große Unternehmensansiedlung ist ein Glücksfall und kein Notfall! Und ich bin auch schon ziemlich erstaunt, dass die SSW-Fraktion ihre verfassungsrechtlichen Bedenken in diesem Fall offenbar nicht mehr hat, denn ansonsten würde sie den neuen Notlage-Beschluss für dieses Jahr ja nicht mit der Koalition zusammen beantragen.
Ziemlich abwegig ist aus unserer Sicht der erneute Corona-Notkredit: Führende Koalitionsvertreter hatten die Corona-Notlage im Herbst 2022 ja hier im Hohen Hause selbst für beendet erklärt, um sie dann ziemlich genau ein Jahr später – nämlich nach dem Karlsruher Urteil – wieder auszupacken. Und dies nicht nur für 2023, sondern auch gleich für 2024. Und nun sollen aus diesem Kredit unter anderem auch 20 Millionen Euro für kommunale Fahrradwege bereitgestellt werden. Verstehen Sie mich nicht falsch – ich finde kommunale Fahrradwege gut und wichtig – aber die Begründung ist schon wirklich skurril und klingt, als käme sie aus einem Loriot-Sketch: 'Radfahren stärkt nachweislich das Immunsystem und schützt so vor Erkrankungen – wie z.B. Corona. Die Option ‚Fahrrad‘ ermöglicht es, insbesondere in der Erkältungszeit volle Busse und Bahnen zu vermeiden.' Auch das Beispiel von der Finanzierung von Schweineställen macht sehr deutlich, dass die Verwendung der Notkredite oft nicht einmal ansatzweise etwas mit der vermeintlichen Notlage zu tun hat.
Die Pandemie ist vorbei. So plump kann man im Jahr 2024 und vor allem mit Blick auf die jüngste Rechtsprechung nun wirklich nicht argumentieren, nur weil man Dauerausgaben aus Notkrediten finanzieren will. Wir sind nicht mehr im Jahr 2020, als die Pandemie begann, unser Land in eine tiefe Krise gestürzt ist und niemand wusste, wie es weitergehen wird. Frau Finanzministerin, Sie tun finanzpolitisch aber noch immer so, als wären wir noch im Jahr 2020. Und die FDP-Fraktion hält Schulden auch nicht für 'Teufelszeug', wie Sie in einem Interview behauptet haben. Auch das ist mal wieder ziemlich plump. Wir hatten den ursprünglichen Corona-Notkredit und den ersten Ukraine-Notkredit ja aus guten Gründen mitgetragen. Aber seitdem hat sich die Lage verändert und es gibt seitdem eben auch eine sehr klare Rechtsprechung, was unsere Verfassung angeht, auf die auch Sie Ihren Eid geschworen haben.
Bei Ihrem Haushaltsentwurf für dieses Jahr waren wir ja bereits äußerst skeptisch, ob dieser einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten würde. Aber mit Ihrer umfassenden Nachschiebeliste, mit der Sie weitere rund 900 Millionen Euro neue Schulden machen wollen, haben Sie wirklich jedes Maß verloren. Dieses Paket schießt wirklich den Vogel ab. Das ist nochmal ein ganz anderer Haushaltsentwurf als der, den der Ministerpräsident hier vertretungsweise vorgestellt hatte. Das hat mit kluger und seriöser Haushaltspolitik nun endgültig nichts mehr zu tun. Es ist offenkundig, dass Sie sich sehr sicher waren, dass dagegen niemand klagen würde bzw. könnte.
Ich will hier nun wirklich keine Vorlesung halten, aber ich habe nach der Diskussion der letzten Tage und Wochen den Eindruck gewonnen, dass man einige Dinge noch einmal konkreter darlegen muss: Es bedarf zur Inanspruchnahme eines Notkredits einer Naturkatastrophe oder einer anderen außergewöhnlichen Notsituation, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und die die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt. Es muss ein sachlicher Veranlassungszusammenhang zwischen der Naturkatastrophe oder der außergewöhnlichen Notsituation und der Überschreitung der Kreditobergrenze bestehen. Das setzt einen konkreten Bezug zu den Notkrediten und eine inhaltliche Bewertung voraus, ob die Notkredite – auch der Höhe nach – auf die Notlage als Anlass rückführbar sind. Die Verwendung von Notkrediten für Maßnahmen, die bestenfalls anlässlich der vermeintlich günstigen Gelegenheit des Aussetzens der Schuldenbremse ergriffen werden, jedoch nicht gezielt auf die Überwindung der Krisensituation zielen, ist nicht zulässig. Das Bundesverfassungsgericht hat den Haushaltsgesetzgebern auch eine klare Darlegungspflicht auferlegt: Es gilt nicht nur die Naturkatastrophe oder die außergewöhnliche Notsituation zu diagnostizieren, sondern auch ihre Ursachen zu definieren. Darüber hinaus muss die klare Absicht dargelegt werden, die Notlage durch die Kreditaufnahme abwehren oder überwinden zu wollen. Es bedarf hierzu einer begründeten Prognose, dass und wie dieses Ziel durch Kreditaufnahmen erreicht werden kann. Damit soll deutlich werden, inwieweit die Kreditaufnahme zur Beseitigung der Notlage geeignet erscheint. Notkredite sind nicht zur vollständigen Ausfinanzierung von Krisen vorgesehen. Sie dienen der Abfederung erster schockartiger Auswirkungen auf den Landeshaushalt. Die Anforderungen an die Darlegungslast wächst zudem mit jedem Haushaltsjahr, in dem der Gesetzgeber wiederholt von der Möglichkeit notlagenbedingter Kreditmittel Gebrauch macht. Diesen Anforderungen werden der Haushaltsentwurf sowie die Begründung der Notlagen nicht vollständig gerecht.
Die längst beendete Corona-Pandemie soll auch im fünften Jahr nach ihrem Ausbruch erneut als Notlage dienen. Sofern die Voraussetzungen einer Notlage überhaupt gegeben wären, hätte es einer detaillierteren Darlegung bedurft. Ebenfalls nicht nachvollziehbar dargestellt ist, worin die Notlage des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine für das Land Schleswig-Holstein zum jetzigen Zeitpunkt im Speziellen besteht: Zweifelhaft sind da vor allem die Maßnahmen zur Beschleunigung der Energiewende und zur Erlangung der Energiesouveränität, da es hier ja nur einen mittelbaren Zusammenhang zum russischen Angriff gibt. Der sachliche Veranlassungszusammenhang der Maßnahmen ist vielfach fragwürdig: Infrastrukturmaßnahmen, Digitalisierungsprojekte sowie vergleichbare Ausgaben sind staatliche Daueraufgaben. Hier mangelt es bei der Verwendung eines Notkredits nicht nur an einer nachvollziehbaren Begründung, sondern auch an einer Prognose, wie diese Maßnahmen zur Überwindung der Notlage beitragen.
Im Ergebnis kommen wir deshalb dazu, dass der vorliegende Haushaltsentwurf in dieser Form nicht zustimmungsfähig ist und jetzt auch nur noch schwerlich durch Änderungsanträge geheilt werden kann. Spätestens nach der Anhörung des Finanzausschusses zum Landeshaushalt 2023, der von verschiedenen Experten auch schon als verfassungswidrig eingestuft wurde, hätten im Regierungslager doch alle Alarmglocken schrillen müssen. Es hätte die umfangreichen Korrekturen geben müssen, die wir eingefordert haben. Passiert ist seitdem aber eher das Gegenteil. Gestrichen wurden seitdem lediglich das berühmte Beachvolleyball-Feld und das völlig ineffiziente Programm für Balkonkraftwerke. Aus diesem Grund haben wir uns dann auch dazu entschieden, Ihnen hier heute keine einzelnen Änderungsanträge vorzulegen, die Sie dann eh alle ablehnen würden, sondern es bei einem Entschließungsantrag zu belassen.
Mit unseren verfassungsrechtlichen Bedenken sind wir als FDP-Fraktion ja auch nicht allein: Auch der 'Bund der Steuerzahler' und der Landesrechnungshof üben seit Wochen massive Kritik am Haushaltskurs von CDU und Grünen. Und auch die SPD-Fraktion hat sich der Kritik immer mehr angeschlossen. Man kann ja politisch für eine Aufweichung oder sogar eine Abschaffung der Schuldenbremse sein. Ich warne davor, weil wir doch eigentlich alle wissen, dass diese neuen Schulden dann weniger für Investitionen, sondern vielmehr für konsumtive Ausgaben verwendet würden. Aber solange die Verfassung gilt, müssen sich die Regierung und das Parlament schlichtweg an ihre Vorgaben halten. So einfach ist das. Das ist kein altmodischer Fetisch der FDP, sondern die Grundlage unserer parlamentarischen Demokratie. Wo würden wir ansonsten auch hinkommen? Mit unserer Verfassung spielt man nicht – gerade in diesen Zeiten! Es kann von einer Regierung, die von einer breiten Mehrheit getragen wird, nicht zu viel verlangt sein, gerade in schwierigen Zeiten die Verfassung einzuhalten. Wir nehmen unseren Auftrag aus der Landesverfassung sehr ernst, die Regierung zu kontrollieren. Das ist übrigens die Aufgabe aller Abgeordneter. Jeder hier muss sehr genau prüfen, ob er den eingeschlagenen Kurs der Regierung mittragen kann. Ich kann es jedenfalls nicht.
Unsere Verfassung sieht bei der Schuldenbremse aus guten Gründen Ausnahmen für den Notfall vor. Diese Ausnahmen dürfen aber eben nicht genutzt werden, um die Schuldenbremse quasi dauerhaft auszuhebeln. Ich wundere mich da ganz besonders über die CDU, die sich hier zwar immer wieder glasklar zur Schuldenbremse bekannt hat – zuletzt im Februar-Plenum – aber sie nun dennoch gemeinsam mit den Grünen erneut schleifen will. Der Ministerpräsident hat das klare Bekenntnis seines Bundesvorsitzenden und seiner eigenen Landtagsfraktion zuletzt zwar öffentlich in Frage gestellt, will aber auch nicht selbst in dieser Sache politisch aktiv werden. Das ist einfach nur unehrlich, was Sie da machen, Herr Ministerpräsident! Die Union muss sich langsam mal entscheiden, wo sie in dieser wichtigen Frage steht!
Wir haben nicht nur massive verfassungsrechtliche Bedenken, was Ihre Haushaltspolitik angeht, sondern wir sorgen uns mittlerweile um die Tragfähigkeit der Landesfinanzen, wenn Sie so weitermachen wie bisher. Das Problem ist in meinen Augen weniger die Schuldenbremse, sondern vielmehr Ihre Finanzpolitik: Wir hatten deshalb vor einigen Monaten auch einen Tragfähigkeitsbericht zu den Landesfinanzen beantragt, den wir gern in dieser Wahlperiode erstellen lassen wollten. Die Koalitionsfraktionen haben dann jedoch beschlossen, dass sie diesen Bericht erst Mitte der nächsten Wahlperiode – also im Jahr 2029 oder 2030 – vorgelegt bekommen wollen. Das spricht schon Bände: Sie wissen um das Problem, wollen aber nicht, dass es der schleswig-holsteinischen Öffentlichkeit auffällt. Dabei nehmen die Risiken für den Landeshaushalt immer weiter zu:
- steigende Zinslasten
- eine bevorstehende Pensionierungswelle
- ein zunehmender Fachkräftemangel
- laufende Klagen zum Weihnachtsgeld
Ich bin ziemlich entsetzt, wie der Ministerpräsident und die Finanzministerin mittlerweile arbeiten. Bei aller persönlichen Wertschätzung auch aus den Jahren der guten Zusammenarbeit: Die Finanzministerin scheint mir den Überblick und ein Stück weit auch die Kontrolle über die Landesfinanzen verloren zu haben. Weder dieser Haushalt noch die neue Finanzplanung können ernsthaft als seriös bezeichnet werden. Nach dem ersten gemeinsamen Landeshaushalt von Schwarz-Grün hat es gerade einmal acht Wochen bis zur Verhängung der Haushaltssperre gedauert. Eine ziemlich merkwürdige Aktion, die überhaupt nicht zum Abfeiern Ihres Haushaltes hier im Parlament passte. Nach zwei Wochen im Panik-Modus und der Einsparung von rund 100 Millionen Euro wurde diese Haushaltssperre dann schnell wieder aufgehoben, aber spätestens seit dieser Aktion habe ich das Vertrauen in das seriöse Handeln dieser Regierung verloren. Ich bin deshalb sehr gespannt, wann die erste Haushaltssperre in diesem Jahr kommen wird!
Was braucht es jetzt? Die Koalition muss wieder anfangen echte Schwerpunkte zu setzen – und zwar bei den Kernaufgaben des Landes wie Bildung, Kita, Wissenschaft, Kultur, Rechtsstaat, also bei Polizei und Justiz, sowie der Infrastruktur des Landes. Beim Personalaufbau wird man langsam mal auf die Bremse treten müssen, auch wenn dies schwerfällt. Man wird jetzt dazu kommen müssen, dass man auch mal wieder Aufgaben abbaut. Leider passiert beim Thema Bürokratie aber eher das Gegenteil, wie wir es beim Grundsteuermodell erleben mussten. Was ich auch nicht nachvollziehen kann, sind eine Reihe von schwarz-grünen Projekten, die nun wirklich nicht notwendig sind:
- Die neu eingeführten Ranger,
- das Programm zur Förderung von Insektenhotels im Tourismusbereich,
- die von den Koalitionsfraktionen beantragte Ostseeagentur, die offenbar ein erster Schritt hin zu einer Nationalparkverwaltung sein soll
- oder auch das Programm zur Förderung von Balkonkraftwerken, dass Sie nun immerhin endlich eingestampft haben – auch angesichts der absurd hohen Abwicklungskosten!
Anders als Sie behaupten, sparen Sie nicht, sondern Sie geben das Geld der Bürgerinnen und Bürger bzw. nachkommender Generationen weiterhin mit vollen Händen aus. Wenn Sie dann mal einige Haushaltstitel kürzen, sind wir teilweise über Ihre Schwerpunktsetzung überrascht: Wir haben doch in der Vergangenheit schmerzlich erfahren, dass das Kürzen beim Erhalt der Landesstraßen keinen Sinn macht, weil man dann am Ende doppelt zahlt. Dass Sie zwar nach wie vor eine Corona-Notlage sehen, aber dann ausgerechnet den Versorgungssicherungsfonds zusammenstreichen, erschließt sich mir auch nicht! Dass Sie allen Ernstes behaupten, dass die Hochschulen dem Land eine Million Euro bei der Grundfinanzierung 'freiwillig' zurückgeben, ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten!
Sie stehen bereits vor den Scherben ihrer Haushaltspolitik: Dass Sie in den nächsten Jahren nun auch noch den Versorgungsfonds, der ja zu einem großen Teil mit dem Geld der Beamtinnen und Beamten selbst angespart wurde, quasi plündern wollen, um Ihre Haushaltslöcher zu schließen, macht mich wirklich fassungslos! Die Aussage der Regierung, dass dies keine Auswirkungen auf spätere Leistungen haben wird, beleidigt die Intelligenz der Bürgerinnen und Bürger und vor allem der Pensionäre! Warum hat man diesen Fonds denn mal geschaffen? Dieser dient dazu, die steigenden Pensionslasten zumindest abzufedern. Wenn dieses Geld nicht mehr vorhanden ist, geht dies nicht mehr. Die finanzpolitische Lage des Landes wird ja so schnell nicht wieder besser werden, wenn man nicht umsteuert – ganz im Gegenteil!
Diese große Koalition aus zwei sehr ungleichen Partnern wird vor allem dadurch zusammengehalten, dass jede Partei irgendwie ihre politischen Projekte umsetzen kann. Das ist der entscheidende Grund, warum Schleswig-Holstein bei den Landesfinanzen derzeit derart negativ aus dem Rahmen fällt. Das wird in dieser Form aber nicht mehr lange gut gehen. Ihr ohnehin schwacher Koalitionsvertrag ist bereits längst Makulatur – z.B. beim Thema Kita, bei der Bildung und Wissenschaft oder auch bei der Infrastruktur. Sie wollen sich nun weitere Jahre mit Notkrediten durchhangeln und den Haushalt erst wieder im Jahr 2030 – also bis Mitte der nächsten Wahlperiode ausgleichen. Ich bin sehr gespannt, ob das Landesverfassungsgericht diese schwarz-grüne Haushaltspraxis akzeptieren wird. Ich kann es mir nicht vorstellen.
Diese Landesregierung ist nicht nur in der Finanzpolitik erstaunlich schwach, wir sehen auch mit Sorge Ihren Umgang mit der Kita-Reform, ihre Migrationspolitik und ihre Planlosigkeit in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik, z.B. beim Ganztag oder bei der Exzellenzinitiative. Es fehlt leider an dem notwendigen Elan und an neuen Impulsen in der Wirtschaftspolitik. Sie können noch immer nicht ansatzweise erklären, wie Sie Schleswig-Holstein bis zum Jahr 2040 zum 'klimaneutralen Industrieland' machen wollen. Die Bilanz der heimischen Industrie wird derzeit von der Wehrtechnik-Branche gerettet. Da beklagt die Landesregierung zu Recht die schwierigen Finanzierungsmöglichkeiten, wird sich aber in der eigenen Koalition beim Thema Taxonomie nicht einig!
Der schwarz-grüne Haushalt ist eine politische Bankrotterklärung, weil er nicht verfassungskonform ist und die Tragfähigkeit der Landesfinanzen damit gefährdet wird. Sie machen keine solide und nachhaltige Haushaltspolitik, sondern arbeiten mit Tricksereien ohne Ende. Sie haben auf unsere Verfassung Ihren Eid geschworen. Sie tragen die Verantwortung und niemand anderes. Ich kann Ihnen nur noch einmal empfehlen, diesen Haushalt so heute nicht zu verabschieden. CDU und Grüne müssen sich endlich ehrlich machen und – wie die meisten anderen Bundesländer auch – sinnvolle Schwerpunkte setzen! Schleswig-Holstein braucht wieder eine seriöse Finanzpolitik – mit diesem Haushalt werden Sie dem leider nicht gerecht, deshalb werden diesen Haushalt heute ablehnen und diesen auch – gemeinsam mit der SPD – verfassungsgerichtlich überprüfen lassen."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.