In seiner Rede zu TOP 24+29 (Evaluation des Kindertagesförderungsgesetzes) erklärt der kitapolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Heiner Garg:
„Zunächst einmal möchte ich mich sehr herzlich für Ihre Regierungserklärung bedanken, sowohl vom Stil als auch vom Inhalt her. Was im Einzelnen dann davon umgesetzt wird, werden wir uns sehr genau angucken, aber ich kann Ihnen, jedenfalls für meine Fraktion, definitiv zusagen, dass wir uns sehr genau jede einzelne Maßnahme, die Sie beschrieben haben, angucken und bewerten werden.
Deswegen, finde ich, kann man an dieser Stelle, insbesondere wenn eine solche Regierungserklärung nach der Auseinandersetzung der letzten Wochen gehalten wird, auch sehr wohl anerkennend feststellen, dass Ton, Form und vor allem auch das, was Sie an Klarheit geschaffen haben, aus meiner Sicht durchaus bemerkenswert gewesen sind.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich erspare Ihnen jetzt den langen Rückblick in die Historie, wie toll das alles gewesen ist unter Jamaika und wie toll der Erarbeitungsprozess war. Er war anstrengend und er war auch nicht immer nur von Konsens geprägt. Ich glaube, alle, die jetzt daran beteiligt sind, das weiterzuführen, wissen, wovon ich spreche. Das ist schon eine Herausforderung.
Aber, meine Damen und Herren, ich sage auch, und dabei bleibe ich: Diese Herausforderung ist notwendig, denn es geht um die Zukunft der jüngsten Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner, es geht um frühkindliche Bildung und es geht um die besten Startchancen für diese kleinen Menschen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die neue Legislaturperiode fing in Sachen Kita eigentlich sehr vielversprechend an. Im Koalitionsvertrag von Schwarz-Grün steht unter anderem: ,Jede und jeder muss sich Kinderbetreuung leisten können. Die Elternbeiträge werden weiter reduziert. Wir wollen eine Erhöhung des Personalschlüssels in dieser Legislaturperiode. Mindestverfügungszeiten sollen um mindestens eine weitere Stunde aufgestockt werden. Und wir werden eine Professur für frühkindliche Bildung einrichten‘.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass eine Opposition eine Regierung genau an diesen Versprechen misst, ist doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Und wenn eine Regierung bis heute dazu noch nichts geliefert hat, dass es dann harsche Kritik gibt, ist normal: das ist die Aufgabe der Opposition. Sonst würde die Opposition ihren Job nicht richtig machen.
Herr Kollege Koch, ich habe Ihnen das schon mal gesagt: Ich habe dafür ein gewisses Verständnis, dass es Sie unendlich nervt, dass ich zu diesem Thema hier spreche. Doch dass es Sie hier unendlich nervt, dass ich zu diesem Thema spreche, das ist das eine. Und dass diejenigen, damit meine ich mich, die auch kräftig austeilen können, auch einstecken können müssen, auch das gehört zum politischen Alltag. Aber wenn krasse Unwahrheiten verbreitet werden, dann, Herr Kollege Koch, tun wir uns alle keinen Gefallen. Denn am Ende sage ich Ihnen eines: Weder die Kommunen noch den Trägern und schon gar nicht den Eltern, die monatelang im Ungewissen darüber waren, ob Ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, die Beiträge zu senken, nicht etwa eingehalten wird, sondern ins Gegenteil verkehrt werde, interessiert, was ich Ihnen und was Sie mir vorwerfen und wie Sie mit mir über die Zeitung kommunizieren.
Die interessiert, ob Sie ihren Job richtig machen und ob Sie die Versprechen einhalten, die Sie gegeben haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil ich gerne positiv die Rede abschließen möchte, komme ich jetzt zu den Punkten, über die ich in der heutigen Debatte nicht einfach nonchalant hinwegsehen möchte.
Herr Koch macht ja folgende Rechnung auf, das muss man vielleicht für alle, die erst zum ersten Mal dabei sind, einfach nochmal sich auf der Zunge zergehen lassen. Herr Koch sagt: Damals waren aufwachsend 170 Millionen Euro pro Jahr für die Kita-Reform verabredet. Dieser ehemalige Minister, also ich, habe mich um 120 Millionen Mal eben verrechnet – und das wahrscheinlich auch noch, um zu täuschen, damit die Kita-Reform durchgesetzt werden kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde das ist sogar für Herrn Koch enttäuschend.
Wir reden über ein Gesamtsystem von 1,8 Milliarden Euro. Und sämtliche Kalkulationen sind gemeinsam mit den Beteiligten auf der Grundlage von Annahmen getroffen worden. Der Evaluationsbericht zeigt schonungslos und in erfrischender Klarheit, dass wir bei der unteren Sparte oder der oberen Grenze bei einem Kostendeckungsgrad von 94,4 Prozent gelandet sind oder bei rund 97 Prozent.
Wir nehmen mal die fast 95 Prozent, Herr Koch, und dann dürfen Sie mir gerne ein Projekt der Größenordnung zeigen, bei dem man einen Deckungsgrad von fast 95 Prozent hält.
Ihre Geschichte – bei allem Verständnis für Regierungshandeln und bei allem Verständnis für Haushaltsprobleme –, ,wir würden so viel gerne umsetzen und wir würden das auch alles machen, was da drin steht, aber der Garg hat sich verrechnet und deswegen gibt es höhere Elternbeiträge bei zu geringer Qualität', sorry, Herr Koch, ich würde Ihnen dringend empfehlen, die Öffentlichkeit mit dieser intellektuellen Tiefstaplerei nicht weiter zu belästigen.
Aber damit nicht genug. Wenn man einmal so eine unglaubliche Erklärung gefunden hat, dann steigert man sich da weiter rein, so der Kollege Koch gestern Abend gegenüber den Kieler Nachrichten: ,Jetzt weist CDU-Mann Koch daraufhin, dass man erschreckenderweise ebenso die Kosten für Freistellungen von Gruppenleitern und Vorbereitungszeiten der Erzieherinnen und Erzieher außer Acht gelassen habe. Und dabei sei doch beides mit der Kita-Reform erstmals gesetzlich definiert worden. Somit kristallisiere sich ein weiterer mittlerer zweistelliger Millionenbetrag zur Nachfinanzierung heraus. Man muss von einer grundlegenden Fehlkalkulation der Kita-Reform sprechen.‘
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nein, nicht der liebe Gott, sondern die Fraktionen von CDU, Bündnis 90 die Grünen und FDP im Umdruck 19/ 3288 vom 26.11.2019, ich glaube, der Fraktionsvorsitzende der CDU hieß Koch damals, haben Folgendes beschlossen: ,§ 29, Verfügungszeiten und Leitungsfreistellung, wird wie folgt geändert‘. Ich sage noch mal, basierend auf Annahmen, ,in Absatz 1, Satz 1, wird das Wort 5 durch die Zahl 7,8 ersetzt‘ – also die Verfügungsstunden.
Und jetzt empfehle ich die Begründung, sich auf der Zunge zergehen zu lassen: ,Nach weiteren Erkenntnissen über die im Land vorherrschenden durchschnittlichen Verfügungszeiten wurde der in diesem Bereich zu erfüllende Mindeststandard nach oben hin angepasst. Künftig sind je Woche und Gruppe 7,8 Stunden Verfügungszeit einzuplanen, mithin ein Fünftel der wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollzeitstelle. Diese Erhöhung wird den Realitäten in Schleswig-Holstein mehr gerecht. Für die Berechnung des neuen Wertes wurden Annahmen aus kommunalen Einrichtungen, rund 22 Prozent der Einrichtungen im Land, jeweils durchschnittlich vier Stunden Verfügungszeit pro Gruppe pro Woche, und Einrichtungen freier Träger, rund 78 Prozent der Einrichtungen im Land, nach Abfrage der LAG jeweils durchschnittlich 7,85 Stunden Verfügungszeit pro Gruppe gewichtet und in Kreisen und Städten unterstellt, die keine eigenen Vorgaben haben. Es ergibt sich folglich ein Durchschnitt von knapp sieben Stunden pro Woche pro Gruppe. Dieser wurde allen öffentlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe ohne bestehende eigene Vorgaben für Verfügungszeit zugeordnet. Örtlichen Trägern mit eigenen Vorgaben wurden diese nach oben abweichenden Regelungen ebenfalls zugeordnet. Nach abermaliger Gewichtung der Anzahl der Einrichtungen auf den Gebieten örtlicher Träger mit und ohne eigene Vorgaben ergibt sich ein gerundeter landesweiter Status quo von 7,3 Stunden pro Woche und Gruppe. Die Erhöhung dieses Wertes als landesweiten Mindeststandard um 0,5 Stunden pro Woche und Gruppe wird vollständig aus Landesmitteln finanziert.‘
Herr Koch, Sie haben mir wörtlich – das ist ein Zitat, das hat nicht irgendein Journalist missverstanden – gestern Abend vorgeworfen, Leitungsfreistellung und Verfügungsstunden seien nicht kalkuliert worden.
Mit diesem Antrag, den Sie dankenswerterweise als Vorsitzender Ihrer Fraktion mit zu verantworten haben, beweist genau das Gegenteil. Wollen Sie Ihre perfiden Anschuldigungen eigentlich weiter aufrechterhalten?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich empfehle dem Kollegen Koch im Hinblick auf die Sachkosten einen Blick in die Gesetzesbegründung zu § 38. Langer Rede, kurzer Sinn.
Sie können das gerne so fortsetzen, ich auch, Herr Koch. Allerdings wäre mir ehrlicherweise eine konstruktive Auseinandersetzung mit der Ministerin und mit den Kräften, die tatsächlich an einer Lösung des Problems interessiert sind, lieber.
Denn das, was Sie angekündigt haben – das will ich deutlich sagen, keine Erhöhung der Elternbeiträge in den nächsten Jahren –, das ist richtig, und das ist ein wichtiges Signal.
Lang ersehnt und endlich kam es.
Es ist notwendig gewesen, es ist aber auch richtig gewesen.
Zweitens: Flexibilisierung ins System bringen. Das ist richtig. Wir werden uns jede einzelne Maßnahme angucken müssen. Der Anstellungsschlüssel statt eines festen Fachkraft-Kind-Schlüssels pro Gruppe, das kann sehr wohl ein Instrument sein, das für mehr Flexibilität und im besten Fall sogar für mehr Verlässlichkeit im System führt. Insofern müssen wir uns angucken, wir müssen uns auch angucken, wie Sie das finanziell hinterlegen. Also da sollen ja auch Einsparungen irgendwie dadurch erbracht werden. Auch das müssen wir uns genau angucken.
Ich wünsche mir, dass junge Familien in Schleswig-Holstein in Zukunft eine verlässliche Kinderbetreuung haben, die bezahlbar ist, und ich werde die Hoffnung nicht aufgeben, dass es uns gemeinsam gelingt, Richtung Ende der Legislaturperiode auch das Versprechen einzulösen, das alle demokratischen Parteien im Wahlkampf gegeben haben, dass wir nach Möglichkeit die Beiträge auch noch weiter absenken können."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.